Die Bilderbuch-Ecke
Bilder-, Kinder- und Jugendbücher, die Sprachstörungen thematisieren, können nicht-betroffene Geschwister, Mitschüler- und Mitschülerinnen sensibilisieren, um verständnisvoll anderen Menschen mit Sprachstörungen zu begegnen. So genannte Mutmach-Bücher können betroffenen Kindern und Jugendlichen helfen, Behinderungserfahrungen und das emotionale Erleben in schwierigen Kommunikationssituationen zu reflektieren.
Einige Bücher sollten eher von Logopädinnen und Logopäden eingesetzt werden. Andere sind auch für Eltern und Lehrkräfte geeignet, um sie gemeinsam mit betroffenen und nicht betroffenen Kindern und Jugendlichen anzuschauen, zu lesen und zu besprechen. Die Verlage geben dazu meist Hinweise und bieten teilweise auch Unterrichtsmaterialien an. im "Labor" finden Sie auch Unterrichtsideen und -entwürfe für den Einsatz solcher Bücher im Unterricht.
Warum Bilderbücher?
Gerade im Primarstufenalter eignen sich Bilderbücher, aber auch Comics oder Bildergeschichten zur Förderung der sprachlichen Handlungsfähigkeit und um Sprache zum Gegenstand der Reflexion werden zu lassen. Das Materialien und Angebote dazu sind reichhaltig. Das Buch "Werkstatt Bilderbuch" von Hollstein & Sonnenmoser (2006) gibt einen guten Überblick und viele Anregungen.
Seltener werden Bilder- Kinder- und Jugendbücher eingesetzt, um über das Medium der Sprache im dialogischen Austausch mit geeigneten Identifikationsmotiven Sprache und Sprachauffälligkeiten selbst zum Thema werden zu lassen. Die oben angegeben Liste gibt Ihnen einen Überblick, welche Bücher dafür geeignet sind.
Die folgenden Leitfragen (Reisenbichler 2022)* helfen Ihnen, das richtige Buch auszuwählen:
Narratoästhetische Analyse
Dieser Teil bezieht sich vor allem auf die Interdependenz von Bild und Text in einem Buch.
- Welche Beziehung besteht zwischen Bild und Text? (siehe Seite 22)
- Wird die Erzählung hauptsächlich von einem Element (Bild oder Text) getragen? Wenn ja, welche Funktion hat der Text beziehungsweise die Bilder?
- Sind die Bilder für die Erzählung essentiell?
- Wird das künstlerische Potential des Genres Bilderbuch (Stichwort: Prinzip des Staunens) ausgeschöpft?
- Wie wird das Erzählte im Bilderbuch dargestellt?
- Sprachliche Gestaltung.
- Form- und Farb-Gestaltung; Regen die Bilder zu einem Verweilen und Betrachten an?
- Welche Figurenkonstellation hat die Erzählung?
- Wer sind die Haupt- und Nebenfiguren? Handelt es sich um typisierte oder individualisierte Figuren?
- Enthält die Erzählung Momente (Wendepunkte, Konfrontationen) die für eine dialogische Interaktion zwischen Vorleserin oder Vorleser und Kind geeignet sind?
Sonderpädagogische Analyse
- Hat die Hauptfigur der Erzählung eine Behinderung? Gibt es Nebenfiguren mit Behinderung?
- Wie werden diese Figuren beschrieben?
- Werden Personen mit Behinderung so beschrieben, dass ihre Stärken oder ihre Schwächen im Vordergrund stehen? (Stichwörter: Ableismus, Stärken-orientierte Darstellung)
- Fragen von Hayden und Prince (2020, 11): (1) Können die Personen in der Erzählungen selbständig und unabhängig Entscheidungen treffen? (2) Werden sie selbstbewusst dargestellt? (3) Haben sie ihre Beeinträchtigung als Teil von sich akzeptiert? (4) Machen sie im Laufe der Geschichte eine Entwicklung durch? (5) Werden sie in der Gesellschaft inkludiert? (6) haben sie ähnliche Erlebnisse wie Menschen ohne Behinderung?
- Welches Modell von Behinderung wird in der Erzählung dargestellt?
- Wird die Komplexität (als Zusammenspiel verschiedener Faktoren im Sinne des biopsychosozialen Modells) von Behinderung ersichtlich?
*) Quelle: Reisenbichler, C. (2022). Bilderbücher in der Pädagogik bei Sprachbeeinträchtigung. Ein theoriegeleiteter Kategorisierungsentwurf. Unveröffentlichte B.Ed.-Arbeit. Pädagogische Hochschule Oberösterreich.